Samurai kämpfen ehrhaft und sterben tapfer - die Klischees stehen fest.
Der ehrliche Kampf Mann gegen Mann. Das Überleben der Krieger hängt von ihrer Ausbildung und der Güte ihrer Waffen ab. Nur Tapferkeit und Heldenmut soweit man sieht… Über die alte Art der Kriegsführung wissen wir heute ziemlich gut Bescheid - Überlieferungen und Texte malen die historischen Schlachtenszenen immer wieder in bunten Bildern.
So gesehen boten "ideale" mittelalterliche Schlachten in Japan wohl einen recht eigenartigen Anblick. Die Treffen liefen stets nach dem selben Ritual ab.
(Im Realfall bestand die japanische Taktik eher in Überaschungsangriffen bei Nacht, Überfällen aus dem Hinterhalt und die Brandschatzung von überfallenen Befestigungen. Es gibt jedoch historische Belege für die rituelle Kriegsführung, die noch bis ins 17. Jhdt. beibehalten wurde.)
Die Heere trafen sich in gebürtigem Abstand und bereiteten sich auf den kommenden Waffengang vor. Zeltlager wurden errichtet, die Führer bezogen strategisch wichtige Posten um die eigenen Truppen zu lenken. Nach einiger Zeit kam es zu den ersten Aktionen. Sobald sich die Krieger, mit Schwert und Bogen bewaffnet, bis auf Pfeilschußweite genähert hatten, deckte man die Gegner mit einer Wolke von Geschossen ein. Diese Sperrfeuer diente wohl eher der Einschüchterung des Gegners, direkte Treffer waren eher selten und die militärische Effiziens somit fraglich. Nach und nach lösten sich aus den Reihen der Mannschaften die vornehmsten Krieger und suchten die Nähe des Feindes. Unter wüsten Beschimpfungen und dem Preisen der eigenen Verdienste (oder der seines Vaters oder Großvaters) trafen sich die ersten Krieger zwischen den Heeren zu vereinzelten Zweikämpfen. Neue Samurai kamen dazu, es bildeten sich neue Paare, bis sich schließlich alle höheren Krieger auf dem Feld der Ehre tummelten. Der Ausgang der Schlacht war dann das Ergebnis der bestandenen Einzelkämpfe. Die den einzelnen Rittern unterstellten Fußleute hatten eher Knappendienste - sie hielte andere Fußsoldaten von ihrem Herrn fern, sammelten die Köpfe der getöteten Feinde und unterstützten den Ritter gegen stärkere Wiedersacher…
Wie konnte eine Kriegerkultur solch ein Ritual aufrechterhalten?
Militärhistorisch gesehen müssen eine Reihe Voraussetzungen gegeben sein, um eine solche Art der Kriegsführung überhaupt zu gewährleisten. Entwicklungsgeschichtlich gesehen ist dieser Umgang auf sehr primitiver Stufe zu sehen. Er kann sich nur in einer isolierten Kultur entwickeln, wie etwa bei Inselvölkern oder isoliert lebenden Stämmen in unwegsamen Regionen. Alle Angehörigen müssen die gleiche Sprache sprechen und in etwa auf der gleichen Zivilisations- und Waffenstufe stehen. In Japan trifft dieses zu - abgeschirmt durch das Meer vom asiatischen Festland entwickelte sich auf den japanischen Inseln, unabhängig der chinesischen und koreanischen Einflüsse, eine ureigene militärische Zunft mit eigenen Waffen und eigenen Techniken. Mochten die unterschiedlichen Provinzen auch noch so verfeindet sein, sie gehörten alle einer gemeinsamen Kultur an, hatten die gleichen Götter, den gleichen Kaiser als nominelles Oberhaupt des Landes. Kriege in Japan waren stets Machtkriege zwischen einzelnen Fürstenhäusern und niemals Anektionen um Rohstoffe oder ethnische Konflikte (eine Ausnahme bildet hier die Befriedung der nicht zur japanischen Völkerschaft gehörenden Ainu und Kumaso in historischer Zeit.). Man nimmt an, daß diese rituelle Art der Kriegsführung eine der ältesten Formen des organisierten Machtkampfes ist und vor allem bei primitiven Völkern Verbreitung fand, um ein regelrechtes Massenmorden unter den Parteien zu verhindern. In Japan schien es zur Zeit der ersten Stämme aufgekommen zu sein. Bei Streitigkeiten trafen sich die besten Krieger der verfeindeten Siedlungen und trugen die Zwistigkeiten im Namen aller aus. Der Verlust an Menschenleben blieb so gering. Von indonesischen Völkern weiß man, daß die Kämpfe bereits bei der Verletzung eines Kriegers eingestellt werden und die andere Seite zum Sieger erklärt wird. Ähnlich kann es auch im frühen Japan gewesen sein. Warum die Samurai diese rituelle Kriegsführung jedoch trotz ihrer hohen militärischen Entwicklung bis ins späte Mittelalter weiter pflegten ist unbekannt. Ein möglicher Grund könnte das hohe Ehrverständnis und die starke Prägung auf persönliche Leistung im Waffenhandwerk gewesen sein. Diese konnte sich nur bei Kämpfen dieses Niveaus entfalten.
Zweimal in der Geschichte der Samurai gab es tiefgreifende Einschnitte in ihre traditionelle Kampfweise. Das erste mal waren es die mißglückten Landungsversuche der Mongolen im 13. Jhdt. und ihrer verbündeten chinesischen Hilfstruppen auf den japanischen Inseln. Die Mongolen staffelten ihre Verbände schon damals nach dem gleichen Prinzip wie modernen Armeen. Truppenteile von Zehnerschaften gruppiert in Hundert-, und Tausendschaften - quasi Kompanie, Bataillon, und Regiment. Die Samurai erlitten gegen diese im Verband kämpfenden, auf gemeinsames Vorgehen geschulten Einheiten schwere Verluste. Es ist umstritten wie die Landungsversuche geendet hätten, jedenfalls wurde die mongolische Truppen und ihre Schiffe vorher bei einem schweren Sturm vernichtet.
Den zweiten Einschnitt brachte die Einführung der Feuerwaffen 1542 durch die Europäer: Sie brachte das eigentliche Ende der rituellen Kriegsführung bei offenen Feldschlachten in der japanischen Geschichte.
Die ersten Versuche diese neue Waffe im Krieg einzusetzen endeten noch mit einem Fiasko. In der Schlacht von Uedahara , 1548 stattete General Takeda Harunobu Teile seiner Truppen mit den neuartigen Luntenschloßgewehren aus. Doch als die traditionelle Schlachteneröffnung und gegenseitige Vorstellungen abgeschlossen waren und die Krieger anfangen wollten ihre Feuerwaffen fertig zu machen, wurden sie gnadenlos von der feindlichen Reiterei überrannt.
Oda Nobunaga verzichtete 27 Jahre später bei der Schlacht von Nagashino auf die rituelle Begrüßung und als sein Wiedersacher Takeda Katsuyori seine Kavallerie einsetzte, starb sie im Kugelhagel. Die Technik hatte endgültig die Tradition eingeholt.
1 Kommentar:
Hallo Bernd,
Sehr interssant, danke schön.
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